Ich sammle Canyons!

Sammler sind zumeist glückliche Menschen. Zumindest in der heutigen Zeit, da das Jagen und Sammeln nicht mehr Lebensnotwendigkeit ist, sondern Hobby. Der Sammler ist immer auf der Suche, immer unterwegs, das hält fit, geistig und körperlich. Und hat er eines seiner Sammelobjekte gefunden, ist er umso glücklicher.

Als Reiseleiter hat man ohnehin einen eher ungewöhnlichen Beruf, darum sind die Dinge, von denen man eine Sammlung anlegt, auch eher abseits dessen, was man gemeinhin sammelt. Man listet die verschiedenen Hotels auf, in denen man übernachtet hat, Flughäfen, wo man gestartet oder gelandet ist, Fährverbindungen…

Oder ich sammle auf meinen Touren mit sz-Reisen in diesem Jahr etwas noch Ausgefalleneres: Ich sammle Canyons!

Canyon oder Cañon

Die Frage, was ein Canyon überhaupt ist, sollte man dabei nicht ganz so eng sehen. Wikipedia erklärt das Ganze so:

„Ein Canyon oder Cañon ist eine bestimmte Art von Schlucht. Als Fachbegriff wird er von deutschsprachigen Geologen für ein stark eingeschnittenes Tal mit getreppten Hängen in Gebieten mit horizontal lagernden Gesteinsschichten verwendet.“

Das lässt viel Raum für freigiebige Zuordnung. Wie breit das Tal sein muss, darüber kann man herrlich streiten, und was ein getreppter Hang ist, darüber sicherlich auch. Zumindest gibt es eine Liste der drei größten Canyons weltweit, die ich in diesem Jahr auf meinen Touren mit sz-Reisen besichtigen möchte.

Meine Nr. 3: Der Blyde River Canyon in Südafrika


Wie es sich für eine Hitliste gehört, fange ich mit der Nummer 3 an, dem "Blyde River Canyon" in Südafrika. 
Dass dieser wunderbare Flecken Erde nicht so bekannt ist, liegt daran, dass er im äußersten Nordosten des Landes liegt, abseits der großen touristischen Ziele wie etwa der Krüger-Nationalpark oder Kapstadt und die Gardenroute.

Dennoch ist er mit bis zu 800 Metern Tiefe schon sehr beeindruckend, die Straße, genannt Panoramaroute, führt hinauf zu den „Three Rondavels“ („Drei Rundhütten“), geht dann hinab zu „Lukes Pothole“, wo man direkt an den Fluss heran kann und die faszinierenden Windungen bewundern, die er in den Fels gegraben hat, anschließend geht es wieder hinauf zu „God‘s Window“.

Wer schon immer wissen wollte, was Gott sieht, wenn er aus dem Fenster schaut, der ist hier richtig. 
Dass der Blyde River Canyon eher ein Geheimtip ist, das hat seine Vorteile, an den schönen Aussichtspunkten ist es nicht so überlaufen, dass man sich beim Versuch, ein schönes Panoramafoto zu machen, gegenseitig auf die Füße tritt. 

Und von God’s Window aus ist es nur ein Katzensprung in das kleine Städtchen mit dem schönen Namen „Graskop“, wo man gefüllte Pancakes essen kann, am besten gefüllt mit der südafrikanischen Spezialität Bobotie – und dies zu Preisen, die glücklicherweise auch nicht die von Tourismus-Hochburgen sind.

Abstecher: Montserrat in Spanien


Auf dem Weg von Platz drei zu Platz zwei hat mir die Planung von sz-Reisen einen kleinen Umweg eingebaut – und seien wir ehrlich, ohne eine Abschweifung würde vieles im Leben doch nur halb so viel Spaß machen.

Fünf Tage Barcelona also, eine wundervolle Stadt. Die aber eher für ihre Architektur und ihre Fußballmannschaft, nicht unbedingt für Canyons berühmt ist.

Aber ein echter Sammler findet immer eine kleine Kostbarkeit – an einem der Reisetage steht ein Ausflug in das Felsenkloster Montserrat auf dem Programm. Und wenn man dort oben steht und hinunter ins Tal blickt – also, das ist doch eigentlich ein erstklassiger Canyon!

Falls jemand eine Rangliste der europäischen Canyons aufstellt, dann sollte Montserrat auf keinen Fall vergessen werden.

Meine Nr. 2: Der Fish River Canyon in Namibia

Aber Abschweifungen sollen ja nur kurz sein und nicht von der Hauptsache ablenken, also geht es zügig weiter zur Nummer zwei der Rangliste, dem "Fish River Canyon" in Namibia.

Der steht dem Grand Canyon in den USA, was die Größe betrifft, nur wenig nach – und er ist noch weniger von Touristen überflutet als der Blyde River Canyon. An günstigen Tagen kann man das Gefühl bekommen, diese gewaltige Landschaft ganz für sich allein zu haben. Das mag daran liegen, dass der Canyon nur auf Naturpisten zu erreichen ist, auf nicht asphaltierten Straßen also, für die das nahe gelegene Rasthaus, das Canyon Roadhouse, auf einem Schild den Tipp parat hat, Gebisse und Hörgeräte besser heraus zu nehmen.

Aber Namibia entschädigt einen immer wieder für die Mühen der Straße mit überwältigender Schönheit und Weite der Landschaften. Es gibt die Möglichkeit, im Canyon Wandertouren zu unternehmen – sieht man sich die karge Vegetation an und hat man die Temperaturen von tagsüber weit über 30 Grad im Kopf, dann weiß man, dass man nur sehr gut organisierte Touren unternehmen sollte.

Abstecher: Sechs Riemen

 

Nachdem der Pflicht des Sammlers mit dem Besuch des Fish River Canyon Genüge getan wurde, bleibt noch etwas Zeit für die „Kür“ - für eine weitere Abschweifung. Ein paar Tage später führt uns der Weg zu den Sanddünen von Sossusvlei.

Und am Rand dieses Nationalparks gibt es einen weiteren Canyon zu besichtigen, den "Sesriem-Canyon".

Der ist nicht so tief, dass er es in die Spitzengruppe schaffen könnte, nicht einmal für die Top Ten hätte er eine Chance, schließlich misst er, wie sein Name schon sagt, nur „Sechs Riemen“ Tiefe.

Einen Besuch wert ist er aber allemal.
Um zur Nummer eins zu gelangen, muss man dann schon wieder den Kontinent wechseln und sich in den Südwesten der USA begeben.

Abstecher: Der Bryce Canyon

Dann geht es also über den „Großen Teich“. Aber auch hier empfiehlt es sich, noch einen kleinen Umweg zu machen, um die Vorfreude auf die Nummer Eins zu steigern. Da wäre also zunächst einmal der "Bryce Canyon". Spätestens hier stellt man die Wikipedia-Definition in Frage, denn auch der Bryce Canyon besteht, genau besehen, nur aus einer Seite. Und “getreppt“ kann man diese Seite auch nicht unbedingt nennen, eher sieht sie aus, wie eine gigantische Kleckerburg in allen nur erdenklichen Ocker-, Rot- und Gelbtönen.

Wenn man ein wenig Zeit zur Verfügung hat und die Reisegäste fit genug sind, kann man vom Sunrise Point zum Queen’s Garden wandern, das dauert hin und zurück eine gute Stunde und man findet in den durch und durch nicht royalistischen USA einen Felsen, der tatsächlich wie eines der typischen Denkmäler für Queen Victoria aussieht.

Noch um die "Hufeisenkurve"...

Aber genug der Abschweifungen, die Nummer Eins bittet zum Empfang und Majestäten lässt man nicht warten. Also ist der Fotostopp, denn wir jetzt noch einlegen, keine wirkliche Abschweifung sondern nur der Besuch eines Vorboten, denn auch die eindrucksvolle Kurve, die in keinem Bildband über die USA fehlen darf. Die Hufeisenkurve, auf Englisch „Horse shoe bend“, wird vom Colorado River durchflossen und bietet einen - sogar für mich als Canyonsammler - beeindruckenden und unvergesslichen Anblick. 

Meine Nr. 1: Der Grand Canyon in den USA

Man kann dem Ganzen auch noch die Krone aufsetzen und einen Hubschrauberflug über den Canyon buchen. Das Land hinter dem Canyon sieht ja eher unspektakulär aus, flache, bewaldete Gegend, das könnte auch Brandenburg sein. Nichts lässt vermuten, was einen gleich erwartet. Und dann fliegt der Heli über die Kante und unter uns tun sich Abgründe auf – spätestens dann ringt jeder der Gäste um Atem.

Man kann für oder gegen die USA sagen was man will, der Grand Canyon ist schlicht unfassbar schön und groß und zu Recht die Nummer Eins. 

Die nächsten Sammlerstücke?

Und nun? Schon fertig mit dem Canyonsammeln? Was ist mit den Fjorden in Norwegen. Den Schluchten in Frankreich, sei es nun Ardèche, Tarn oder Luberon? Das ist das Schöne am Sammeln – man findet immer wieder etwas, das in der Sammlung noch fehlt. 

Zum Glück also gibt es noch viel mehr Canyons, Hitliste hin oder her, und die wollen besucht und entdeckt werden. Es kommen ja noch weitere Jahre als Reiseleiter mit sz-Reisen.

Fotos & Text von Mathias Ullmann


1 Kommentare

Klaus29. April 2020 um 09:40 Uhr

Der Lower Antelope Canyon ist mein absoluter Liebling. Wirklich zu empfehlen!

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